Bio-chemische Grundlagen
AusschlieBlich Zucker kann durch eine alkoholische Garung in Ethanol und Koh — lenstoffdioxid (CO2) umgewandelt werden (Kapitel 14); dies wird im Folgenden zunachst kurz dargestellt. Da jedoch grundsatzlich auch starke — und cellulosehalti — ge organische Stoffe zur Alkoholgewinnung einsetzbar sind, muss der eigentlichen Fermentation bei diesen Ausgangsstoffen ein entsprechender Zwischenschritt vor — geschaltet werden. Deshalb werden nachfolgend auch die Grundlagen des Starke — und des Celluloseabbaus dargestellt und diskutiert.
Zuckerabbau durch alkoholische Garung. Die Grundlage jeder Alkoholgewin- nung aus Biomasse stellt die alkoholische Garung dar. Dabei handelt es sich um eine biochemische Spaltung von Kohlenhydraten, die durch das Zusammenwirken von mikrobiellen Enzymen ausgelost werden und unter Ausschluss von Sauerstoff ablaufen. Als Mikroorganismen werden in der Technik bevorzugt Hefen (Saccha — romyces cerevisiae) eingesetzt. Dies deshalb, da die Hefe sehr robust und leicht zu kultivieren ist. Die alkoholische Garung verlauft gemaB der Summenformel nach Gleichung (15-1).
CeH12O6 + 2 Pi + 2 ADP ^ 2 CH3-CH2OH + 2 CO2 + 2 ATP + 156 kJ (15-1)
Aus einem Mol Hexose (z. B. Glucose, Fructose) werden demnach je zwei Mol Ethanol und Kohlenstoffdioxid (CO2) sowie zwei Mol der energiereichen Verbin- dung Adenosin-Triphosphat (ATP) und Warme gebildet. Die in Pflanzen enthalte- nen Zucker (z. B. Glucose, Fructose, Saccharose) konnen von der Hefe direkt ver — goren werden. Fur technische Prozesse heiBt das, dass aus 1 kg Glucose rund 511 g Ethanol und 489 g CO2 unter Freisetzung von 867 kJ Warme gebildet werden. Das bei der Fermentation gebildete Kohlenstoffdioxid (CO2) entweicht gas — formig aus der Fermentationssuspension; aus 1 kg Glucose werden dabei rund 250 l CO2 gebildet.
Fur die groBtmogliche Alkoholbildung und damit eine weitestgehende Umset — zung des im Substrat enthaltenen vergarbaren Materials ist es wichtig, dass fur den jeweiligen Mikroorganismus (d. h. Hefen, Bakterien) optimale Kulturbedingungen eingestellt werden. Es mussen vergarbare Zucker, Nahrsalze und eventuell auch Wuchsstoffe in ausreichender Konzentration vorliegen. Gartemperatur und pH — Wert sind so zu regulieren, dass sie dem Optimalbereich der Mikroorganismen entsprechen.
Starkeabbau zu Zucker. Starke, das Reserve-Kohlenhydrat von Getreide und Kartoffeln, ist ein Polysaccharid, das ausschlieBlich aus Glucose-Bausteinen auf — gebaut ist. Sie kommt (a-1,4-glykosidisch verbunden) als unverzweigte Glucose — kette in Form der Amylose und (a-1,6-glykosidisch verbunden) als verzweigte Glucosekette in Form des Amylopektins vor. Hierbei ist vor allem das Amylopek — tin fur die starke Kleisterbildung von Starke verantwortlich.
Beim Erhitzen von Starke mit Wasser nehmen die Starkekorner Wasser auf; sie werden dadurch gelost und bilden einen Kleister. Dieser Vorgang der Verkleiste — rung ist von Bedeutung, da nur verkleisterte Starke mit Enzymen schnell abgebaut werden kann.
Starke kann mit Hefen nicht unmittelbar vergoren werden. Um sie dennoch fur eine Vergarung zuganglich zu machen, muss sie nicht nur, analog zum Zucker, aus dem Zellmaterial freigesetzt, sondern zusatzlich auch vor der Fermentation in ver- garbare Zucker umgewandelt werden. Bei diesen Zuckern handelt es sich entweder um Glucose oder um Maltose, die aus zwei Glucose-Bausteinen aufgebaut ist.
Um im technischen MaBstab Starke moglichst vollstandig zu vergarbaren Zu — ckern abzubauen, sind zwei Gruppen von starkeabbauenden (amylolytischen) Enzymen erforderlich. Die erste Gruppe umfasst die "verflussigenden" a-Amylasen und die zweite Gruppe die "verzuckernden" Glucoamylasen und P-Amylasen; d. h. beim Starkeabbau wird zunachst die Starke verflussigt und anschlieBend verzu — ckert. Die entsprechenden Prozesse werden nachfolgend dargestellt.
Enzymatische Starkeverflussigung. Die in technischen Prozessen eingesetzten Verflussigungsenzyme sind praktisch alle a-Amylasen (a-1,4-Glucan-4-Glucano — hydrolase), die die 1,4-Bindungen der Starke in Amylose und Amylopektin spal — ten. Die im Amylopektin enthaltenen a-1,6-Bindungen werden jedoch nicht hydro — lysiert. a-Amylase ist ein Endo-Enzym. Dies bedeutet, dass es Bindungen in poly — meren Substraten im Innern der Molekule spalten kann. Im Starke-Makromolekul werden also willkurlich alle a-1,4-Bindungen angegriffen. Lediglich die a-1,4- Bindungen, die sich an den Kettenenden und in der Nachbarschaft von a-1,6-
Bindungen der Makromolekule befinden, werden sehr viel langsamer angegriffen. Dadurch werden die Starke-Makromolekule sehr schnell in Oligosaccharide mit einem Polymerisationsgrad von 7 bis 10 Glucose-Einheiten zerlegt; dies macht sich technologisch in einer raschen und deutlichen Senkung der Maischeviskosita — ten bemerkbar.
In der Praxis werden unterschiedliche a-Amylase-Praparate eingesetzt, die sich in ihrer Wirkungsweise je nach Herkunft des Enzyms unterscheiden.
Thermostabile a-Amylase aus Bacillus licheniformis hat unter technologischen Bedingungen ein pH-Optimum zwischen 6,2 und 7,5. Bei pH-Werten unterhalb von 5,6 kommt es zu einem rapiden Absinken der Enzymaktivitat. Das Tempera- turoptimum liegt bei 80 bis 85 °C; es kann jedoch auch bei Temperaturen bis zu 105 °C eingesetzt werden, wo es zeitlich begrenzt durchaus sehr hohe Aktivitaten aufweist. Je hoher die Temperatur gewahlt wird, desto schneller wird das Enzym inaktiviert.
Bei der Verarbeitung von Weizen und Roggen ist der Einsatz von Bakterien-a — Amylase aus Bacillus subtilis weit verbreitet. Dieses Enzym weist ein Temperatur — optimum von 65 °C und ein pH-Optimum von 5,8 bis 6,8 auf. Da ein Einsatz fur kurze Zeit auch bis 75 °C moglich ist, kann es problemlos fur die Verarbeitung von Getreide eingesetzt werden. Fur die Verflussigung von Mais- bzw. Kartoffel — starke ist es jedoch nicht geeignet, da die Starke dieser Rohstoffe erst oberhalb von 80 (Mais) bzw. 90 °C (Kartoffeln) vollstandig verkleistert werden kann. Dieses Enzym hat zudem die ungunstige Eigenschaft, beim Angriff auf das Starke — Makromolekul einen relativ hohen Anteil an sogenannten a-Grenzdextrinen zu bilden. Diese Grenzdextrine enthalten meist mehrere durch a-1,6-Bindungen ver — ursachte Verzweigungen und werden vom Enzym dann nicht weiter angegriffen. AuBerdem sind diese Grenzdextrine im weiteren Verlauf des Starkeabbaus auch fur die ublicherweise eingesetzten verzuckernden Glucoamylasen nur sehr langsam angreifbar. Dies fuhrt letztlich dazu, dass auch in der vergorenen Maische nicht abgebaute und nicht vergorene Grenzdextrine verbleiben.
Ein weiteres Verflussigungs-Enzympraparat stellt die Bakterien-a-Amylase aus Bacillus stearothermophilus dar. Dieses Enzym ist in seiner Wirkung der Bacillus licheniformis-a-Amylase vergleichbar, zeichnet sich jedoch durch ein deutlich niedrigeres pH-Optimum von 5,0 bis 5,5 aus. Es ist bis zu 85 °C temperaturstabil; bei hoheren Temperaturen kommt es zu einer raschen Inaktivierung. Dieses Enzym bewirkt eine besonders ausgepragte Senkung der Maischeviskositaten; fur die Verflussigung von Kartoffelmaischen ist es allerdings nicht geeignet.
Ebenfalls zu den Verflussigungsenzymen wird auch die aus einem Schimmel — pilz gewonnene Fungal-a-Amylase aus Aspergillus oryzae gezahlt. Aufgrund seiner Herkunft zeigt dieses Enzym ein Temperaturoptimum bei etwa 50 bis 57 °C. Das pH-Optimum liegt zwischen 5,0 und 6,0, jedoch weist es bei einem pH-Wert von 4,5 immer noch 50 % der maximalen Aktivitat auf. Es wird den zu verarbei- tenden Maischen daher meist erst zur Verzuckerung zugegeben, um einerseits auch wahrend der Verzuckerungsphase noch eine spurbare viskositatssenkende Wirkung und andererseits auf diese Weise auch zum Beginn der Fermentation noch eine ausreichend dextrinierende Wirkung in den Maischen aufrecht zu erhalten /15-54/, /15-49/, /15-15/, /15-19/.
Ernymatische Starkeverzuckerung. Der geschilderte Angriff der a-Amylasen auf Starke fuhrt in den verflussigten Maischen nur zu geringen Mengen an vergarbaren Zuckern. Die bei der Verflussigung im Wesentlichen gebildeten Dextrine mussen daher einem weitergehenden enzymatischen Abbau durch Glucoamylase unterwor — fen werden. Glucoamylase ist ein Exo-Enzym, das die Starkemolekule von den nicht reduzierenden Enden her angreift und entlang der Glucoseketten aus diesen Glucose freisetzt. Dieses Enzym kann zudem nicht nur die a-1,4-Bindungen, son- dern auch a-1,6- und a-1,3-Bindungen hydrolysieren. Je groBer die Molekule sind, desto schneller werden sie von Glucoamylase abgebaut. Fur diesen Zweck wird meist Glucoamylase aus Aspergillus niger verwendet, das ein Temperaturoptimum von etwa 60 °C und ein pH-Optimum von 3,4 bis 5,0 aufweist. Damit ist dieses Enzym unter den Bedingungen der Fermentation vollig stabil. Mehrfach verzweig — te Dextrine konnen jedoch nur sehr langsam abgebaut werden.
Eine Alternative besteht im Einsatz von Glucoamylase aus Rhizopus spez. Dieses Enzym hat ein Temperaturoptimum von 40 °C und kann unter praxisublichen Bedingungen problemlos bis 55 °C eingesetzt werden. Das pH-Optimum liegt bei
3,4 bis 5,0. Diese Glucoamylase weist zusatzlich eine das Starkemolekul entzwei — gende Aktivitat auf, die zu einem praktisch vollstandigen Abbau auch von Grenz — dextrinen fuhrt und damit den vollstandigen Abbau der Starke zu vergarbaren Zu — ckern sicherstellt.
Wahrend zur Maischeverflussigung meist nur ein einziges Enzympraparat ein — gesetzt wird, ist dies bei der Verzuckerung nicht sinnvoll. Die Kombination ver — schiedener Enzyme zeigt fur die Verzuckerung von Maischen deutlich positive synergistische Effekte. Die Kombination von geeigneten Enzymen ist damit mehr als die bloBe Addition ihrer Wirkungen. So fuhrt der gemeinsame Einsatz von Glucoamylase aus Rhizopus spez. und reduzierter Mengen an Glucoamylase von Aspergillus niger in Kombination mit FuFngal-a-Amylase aus Aspergillus oryzae zu einer deutlich niedrigeren Viskositat und zu einer wesentlich beschleunigten Angarung der Maischen im Fermenter. Neben einem praktisch vollstandigen Abbau der Starke in vergarbare Zucker fuhrt dies auch zu einer deutlichen Reduzie — rung der Infektionsgefahr wahrend der Fermentation.
Starkeverflussigung und — verzuckerung durch Malz. Das traditionelle Verflussi — gungs — und Verzuckerungsmittel der Brennereiindustrie ist Malz (d. h. gekeimte und getrocknete Gerste). Wahrend des Keimens der Gerste werden im keimenden Gerstenkorn alle fur den Starkeabbau notwendigen Enzyme gebildet. Im Unter — schied zu Braumalz wird Brennmalz jedoch einer langeren Keimdauer unterzogen, um dadurch die Enzymgehalte im Malz zu erhohen. Nach beendeter Keimung wird das Malz dann schonend getrocknet, um dabei auftretende Aktivitatsverluste der Enzyme so gering wie moglich zu halten.
Der im Malz gebildete starkeabbauende Enzymkomplex ist zusammengesetzt aus a-Amylase, P-Amylase, Grenzdextrinase und R-Enzym. P-Amylase ist wie Glucoamylase ein Exo-Enzym, das jedoch vom nicht reduzierenden Ende des Starkemolekuls Maltose — und nicht Glucose — abspaltet. Die Wirkungsoptima von P-Amylase liegen bei 50 bis 55 °C und bei pH-Werten zwischen 5,0 und 5,2. Grenzdextrinase und R-Enzym sind entzweigende Enzyme, die die a-1,6-Bindun — gen des Starkemolekuls angreifen. Dies erfolgt umso schneller, je langer die Star — kemolekulketten sind.
Durch diese den Angriff auf die Starke erganzenden Enzyme ist der Malz — Enzymkomplex auBerst effektiv und ermoglicht die Verzuckerung von Maischen in nur 10 bis 15 min. Der Enzymkomplex wird allerdings durch die dabei entste — hende Maltose gehemmt, so dass danach ein Maltose-Dextrin Gleichgewicht er — reicht wird, bei dem in der Maische etwa 66 % Maltose, 4 % Glucose, 10 % Mal — totriose und 20 % Grenzdextrine enthalten sind. Eine weitere Verzuckerung der Maischen kann daher erst dann erfolgen, wenn die Maltose aus dem Substrat ent- fernt wird. Dies geschieht bei beginnender Fermentation, wenn die Maltose durch die Hefe vergoren wird.
Damit sind beim Starkeabbau mit Malz zwei Verzuckerungsphasen zu unter — scheiden; die Hauptverzuckerung bis zum Gleichgewichtszustand und die Nach — verzuckerung wahrend der Garung. Allerdings bleibt der Starkeabbau trotzdem unvollstandig, so dass die alleinige Verwendung von Malz als Verzuckerungsmit — tel immer auch mit gewissen Ethanolverlusten verbunden ist.
Starkeverflussigung und — verzuckerung durch Autoamylolyse. Einige Getreidear — ten (u. a. Roggen, Weizen) enthalten bereits im nativen Zustand, also ungemalzt, amylolytische Aktivitaten, die ausreichen, um die im Korn enthaltene Starke zu vergarbaren Zuckern abzubauen. Der autoamylolytische Enzymkomplex setzt sich aus a-Amylase, P-Amylase und Grenzdextrinase zusammen /15-36/, /15-30/, /15-35/. Fruher wurde diese Eigenschaft im sogenannten Kaltmaischverfahren genutzt. Dass dieses Verfahren nicht mehr eingesetzt wird, hat primar zwei Ursa — chen.
— Es gab keine analytischen Methoden, um das Getreide vor der Verarbeitung verlasslich auf die enthaltenen amylolytischen Enzyme bzw. die autoamylolyti — sche Aktivitat hin zu untersuchen. Reicht diese aus irgendwelchen Grunden nicht aus, kommt es im Verarbeitungsprozess zu erheblichen Storungen.
— Durch die Getreidezuchtung der letzten Jahrzehnte wurde das Korn vor allem hinsichtlich der Backqualitat verbessert. Deshalb wurden die im Backprozess storenden amylolytischen Enzyme immer weiter herausgezuchtet, so dass es heute kaum noch Weizensorten gibt, die uber eine fur die Alkoholproduktion ausreichende amylolytische Aktivitat verfugen.
Da aber die Kosten fur Verzuckerungsenzyme bei der drucklosen Verarbeitung von Weizen, Roggen oder Triticale 30 bis 50 % der Kosten des Maischprozesses ausmachen, gibt es Anstrengungen, das amylolytische Potenzial der Getreidearten wieder fur die Alkoholerzeugung nutzbar zu machen.
Um die autoamylolytische Aktivitat in Getreide beurteilen zu konnen, kann der autoamylolytische Quotient (AAQ) bestimmt werden /15-47/, indem das Getreide im LabormaBstab zwei unterschiedlichen Garversuchen unterzogen wird. Dazu wird einmal unter Verwendung einer optimalen Kombination von Verflussigungs — und Verzuckerungsenzymen und einmal nur unter Nutzung der im Getreide vor — handenen amylolytischen Aktivitat vergoren. Der AAQ ist dann definiert als die prozentuale Alkoholausbeute im autoamylolytischen Garversuch bezogen auf die Alkoholausbeute im Garversuch mit optimaler Enzymierung. Getreide mit einem AAQ uber 95 % konnen autoamylolytisch verarbeitet werden.
Bei der technischen Umsetzung muss das Verfahren bezuglich der eingesetzten Temperaturen den jeweiligen Rohstoffen angepasst werden. Hier sind beispiels- weise einerseits fur eine vollstandige Verkleisterung von z. B. Weizenstarke 65 °C notwendig. Andererseits wird aber vor allem die verzuckernde p-Amylase bei die — ser Temperatur bereits inaktiviert. Die Verfahrenstemperatur ist also so zu gestal — ten, dass die fur die Verkleisterung notwendige Temperatur mindestens fur kurze Zeit erreicht wird; um den Enzymkomplex zu schonen, muss aber nach wenigen Minuten wieder auf eine Verzuckerungs-Temperatur von 52 bis 55 °C abgekuhlt werden. Dadurch kann bei geeigneten Getreidepartien ganz auf die Zugabe von Verzuckerungsenzymen verzichtet werden. Um das Verfahren in jedem Falle be — triebssicher zu gestalten, empfiehlt sich allerdings die Zugabe von Verflussigungs — enzymen.
Nachfolgend werden die Bedingungen fur den autoamylolytischen Starkeabbau fur ausgewahlte Getreidesorten diskutiert.
— Weizen. Die optimalen Bedingungen fur das autoamylolytische Enzymsystem liegen fur Weizen bei 55 °C und einem pH-Wert zwischen 5,3 und 5,4 /15-48/. Zur Verkleisterung der Weizenstarke ist eine Temperatur von 64 °C erforder — lich. Die Maischen mussen daher auf diese Temperatur erhitzt werden. Nach maximal 10 min wird auf 55 °C gekuhlt und eine Verzuckerungsrast von etwa 30 min bei pH 5,3 eingehalten. Die Weizensorte Alamo ist hierbei am besten geeignet, da sie praktisch unabhangig von Klima — und Aufwuchsbedingungen immer einen autoamylolytischen Quotienten (AAQ) von uber 95 % liefert.
— Roggen. Nahezu alle Roggensorten weisen einen autoamylolytischen Quotienten (AAQ) von uber 95 % auf /15-6/. Die Wirkungsoptima der Enzyme entspre — chen denen von Weizen. Bedingt durch den teilweise hohen Gehalt an Pentosa — nen in Roggen kommt es im Maischprozess haufig zu hohen Maische- Viskositaten, die durch die Zugabe von Pentosanasen oder die Anwendung ge- eigneter Temperaturprogramme gesenkt werden konnen. Um die Viskositat der Roggenmaischen niedrig zu halten, kann auch das korneigene Enzymsystem zum Abbau der Pentosane nutzbar gemacht werden /15-46/. Zu Beginn des Maischprozesses muss hierzu der fein vermahlene Roggen bei 50 °C und einem pH-Wert von 5,0 eingemaischt und bei diesen Bedingungen 30 min gehalten werden. Nach dieser "Pentosan-Rast" kann in ublicher Weise gemaischt wer — den, ohne dass es zu storenden Maischeviskositaten kommt.
— Triticale. Triticale wird unter autoamylolytischen Bedingungen wie Weizen verarbeitet, da hier keine storenden Mengen an Pentosanen enthalten sind. Die zur Verkleisterung der Starke angewandte Maximaltemperatur darf allerdings 62 °C nicht uberschreiten. Die Aktivitat des autoamylolytischen Enzymsystems von Triticale ist so hoch, dass es uber die Verzuckerung der im Triticale enthal — tenen Starke hinaus in der Lage ist, zusatzlich noch dieselbe Menge an Fremd — starke zu verzuckern. Dabei kann z. B. die Maische aus 1 t Triticale genutzt werden, um die verflussigte und auf Verzuckerungstemperatur gekuhlte Mai — sche aus 1 t Mais ohne Alkoholverluste mitzuverzuckern /15-59/, /15-53/, /15-54/.
Lignocelluloseabbau zu Zucker. Lignocellulosehaltige Rohstoffe bestehen aus Cellulose, Hemicellulose und Lignin sowie aus Spurenelementen, die bei der thermischen Nutzung in Form von Asche anfallen. Cellulose und Hemicellulose sind — vergleichbar zu Starke — Kohlenhydrate und stellen zudem die weltweit am haufigsten vorkommenden Stoffwechselprodukte der Pflanze dar.
Cellulose ist aus Glucosemolekulen aufgebaut. Sie kann aber nur sehr schwer hydrolysiert werden. Dies liegt darin begrundet, dass sich aufgrund der p-Ver — knupfung mehrere Cellulosemolekule antiparallel uber Wasserstoffbrucken zu Mikrofibrillen zusammenlagern konnen und dabei eine kristalline Struktur ausbil — den. Daruber hinaus ist Cellulose sehr eng mit Lignin, Pektin und Hemicellulosen vergesellschaftet; dies erhoht die Hydrolyseresistenz weiter. Die Hemicellulose ist aus verschiedenen Zuckern aufgebaut und enthalt neben Hexosen (C6-Zucker) auch Pentosen (C5-Zucker).
Um die in pflanzlichen Rohstoffen wie z. B. Holz und Stroh enthaltenen Zucker fur eine Alkoholproduktion verfugbar zu machen, mussen diese zunachst durch eine geeignete Vorbehandlung zugangig gemacht werden. Erst danach konnen die langkettigen Cellulose — und Hemicellulosemolekule hydrolysiert werden. Die Hydrolyse kann entweder enzymatisch katalysiert werden oder durch den Einsatz von Sauren erfolgen.
Enzymatische Hydrolyse. Um den Hydrolyseenzymen einen Zugang zu den Cellu — losemolekulen zu gewahrleisten, mussen diese zunachst aus dem Lignocellulose — verbund freigesetzt werden. Eine schnelle Methode ist die feine Vermahlung des Rohstoffs, die zu einer Zerstorung der kristallinen Struktur und zu einem vermin — derten Polymerisationsgrad der Lignocellulose fuhrt Dieses Material ist dann fur die Hydrolyse zuganglich. Eine andere Moglichkeit besteht in der Anwendung eines Hochdruck-Dampf-Verfahrens (auch als Thermodruckhydrolyse oder " Steam Explosion" bezeichnet). Dabei wird das Material unter Druck Temperaturen von 180 bis 230 °C fur 5 bis 30 min ausgesetzt. Danach wird ein plotzlicher Druckab — fall auf Umgebungsdruck herbeigefuhrt; dies fuhrt durch die dabei entstehenden Dampfblasen zu einer Explosion der Gewebezellen. Zusatzlich wird aufgrund dieses Druckabfalls auch die Ligninhulle von den Cellulosefibrillen abgesprengt.
Da fur einen effektiven enzymatischen Angriff auf das Cellulosemolekul ein Aufquellen der Fibrillen unumganglich ist, um die einzelnen Molekulstrange zu — ganglich zu machen, kann das Cellulosematerial vor der Hydrolyse auch mit auf — quellenden Agenzien behandelt werden. Dazu gehoren u. a. konzentrierte Natron — lauge, konzentrierte oder verdunnte Salz — oder Schwefelsaure oder das Impragnie — ren mit gasformigem Schwefeldioxid (SO2). Diese Prozesse sind jedoch nur wirt- schaftlich realisierbar, wenn die verwendete Saure im Prozess zuruckgewonnen werden kann. Dies gelingt mit Salzsaure leichter als mit Schwefelsaure.
Der weitere biochemische Abbau der Cellulose und der Hemicellulose erfolgt dann durch Enzyme, die sich aus mehreren synergistisch wirkenden Komponenten zusammensetzen. Insgesamt verlauft der enzymatische Hydrolyseprozess von Cellulose und Hemicellulose verglichen mit der Starke aber langsamer und immer unvollstandig ab.
Saurekatalysierte Hydrolyse. Die Cellulosemolekule lassen sich auch durch eine Behandlung mit konzentrierter Saure bei Umgebungstemperatur oder verdunnter Saure bei etwa 200 °C hydrolysieren. Dabei werden unspezifisch die chemischen
Bindungen der Makromolekule hydrolysiert, wodurch neben der gewunschten Glucose auch andere Nebenprodukte entstehen.
Im Vergleich mit der enzymatischen Hydrolyse ist die saurekatalysierte Hydrolyse vom Zeitaufwand her wesentlich effektiver. Sie fuhrt aber unter technischen Bedingungen zu deutlich schlechteren Zuckerausbeuten und zur Bildung von wei — teren Abbauprodukten, die in der Ethanolfermentation auch hemmende Eigen — schaften aufweisen konnen. Hinzu kommt, dass neben C6- auch C5-Zucker entstehen. Dabei kann die Verwertung von C6-Zuckern mit herkommlichen Hefestam — men erfolgen. Jedoch verliert man dann einen Anteil von 10 bis 20 % an Pentosen (C5-Zuckern), da diese nicht ohne weiteres mit den vorhandenen Hefen abbaubar sind und derzeit nur unter Einsatz von genetisch manipulierten Stammen verwertet werden konnen. Dies hat zusammen mit den hohen Kosten fur die Konversions — prozesse eine groBtechnische Alkoholerzeugung aus cellulosehaltigen Materialien bisher verhindert.