Glycerin
Das Kuppelprodukt Glycerin (auch als Glycerol bezeichnet) wird wahrend der Umesterung in Form einer Glycerinphase freigesetzt, die ihrerseits zu Rohglycerin (60 bis 80 Gew.-% Glycerinanteil), technischem (> 80 Gew.-%) oder pharma — zeutischem Glycerin (typischerweise > 99,5 bis 99,8 Gew.-%) aufbereitet und vermarktet werden kann. Glycerin ist als Rohstoff z. B. in der Pharma-, Kosmetik — , Nahrungsmittel-, Chemie — und Tabakindustrie vielfaltig einsetzbar (weltweit waren es im Jahr 2006 zwischen 930 und 950 kt). Aus wirtschaftlichen Grunden stehen diese Formen der stofflichen Verwertung im Vordergrund.
Glycerin ist eine energiereiche Verbindung und grundsatzlich als eine wertvolle Erganzung zu herkommlichen Futtermittel geeignet. Es ist als nicht-toxische Verbindung zur Futterung fur alle Nutztierarten ohne Mengenbegrenzung zugelassen /13-31/; in der Positivliste fur Einzelfuttermittel sind Reinglycerin und seit kurzem auch Rohglycerin gelistet. Auch ist die Gylcerinverarbeitung in her — kommlichen Futtermittelanlagen unproblematisch. Es hat sich gezeigt, dass die Futterung von Glycerin in Anteilen von bis zu 10 % positive Auswirkungen auf den Mastverlauf haben kann, wenngleich ein erhohter Wasserbedarf der Tiere zu verzeichnen ist /13-69/. Wegen eines vergleichsweise hohen Preisniveaus fur Glycerin sowie der Konkurrenz zu herkommlichen Futtermitteln ist eine flachendeckende Verbreitung aber nicht zu erwarten. Dennoch gibt es einen Markt fur Spezialanwendungen bei besonders hohem Energiebedarf der Tiere.
Die energetische Nutzung von Glycerin als Treib — bzw. Brennstoff ist prinzipiell moglich, jedoch aufgrund der glycerinspezifischen Eigenschaften (insbesondere hohe Viskositat, niedriger Heizwert; Tabelle 13.7) technisch sehr anspruchsvoll. Der Einsatz von Glycerin als Ersatzbrennstoff stellt erhohte Anforderungen an die Brenner — und Anlagentechnik sowie die Lagerhaltung und Fuhrung des Verbrennungsprozesses; dies betrifft insbesondere neue Losungen im Bereich der Warmeerzeuger (permanente Heizflachenabreinigung) /13-104/. Bei — spielsweise zeigen Tests zur thermischen Verwertung von mit Kaliummethylsulfat versetztem Glycerin in einer kleinen stationaren Wirbelschichtverbrennung im kleinen Leistungsbereich eine stabile Verbrennung bei einem Temperaturniveau von ca. 820 °C /13-112/.
Demgegenuber ist eine motorische Nutzung von Rohglycerin ohne Beimi — schung von anderen Kraftstoffen technisch problematisch. Beispielsweise zundet reines Glycerin ohne massive Erhohung des Verdichtungsverhaltnisses und der Ladelufttemperatur nicht; ausreichende Zundbedingungen konnten lediglich fur Mischungen von max. 30 Gew.-% mit Rapsolmethylester und Ethanol erzielt werden, wobei die Emissionen im Vergleich zu Dieselkraftstoff oder Rapsolme — thylester z. T. deutlich erhoht waren. Daruber hinaus werden Katalysatorreste aus der Umesterung als Salz emittiert, welches Ablagerungen im Brennraum, an den Auslassventilen und im Abgassystem verursacht. Dies fuhrt zu einem erhohten VerschleiB und kurzeren Wartungs — und Reinigungsintervallen /13-134/.
Rohglycerin kann zur Steigerung des Biogasertrags und Methanausbeute als Kosubstrat in Biogasanlagen eingesetzt werden. Ertragssteigerungen konnen vor allem dann erreicht werden, wenn Rohglycerin zusammen mit eiweiBreichen agra — rischen Rohstoffen (z. B. Schweineflussigmist) eingesetzt wird. Um Hemmungen der Methangarung zu vermeiden, wird ein Rohglycerinanteil am Substratmix von nicht mehr als 6 Gew.-% empfohlen. Ein Rohglycerinanteil von 3 bis 6 Gew.-% zur Biogaserzeugung aus Silomaissilage, Kornermais und Schweinegulle werden als optimal angegeben /13-3/.
Tabelle 13.7 Stoffeigenschaften ausgewahlter flussiger Biobrennstoffe im Vergleich zu Glycerin /13-104/
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13 Produktion und Nutzung von Pflanzenolkraftstoffen