Hauptkomponenten
Die Hauptkomponenten des aus dem Vergasungsreaktor austretenden Produktgases — in Bezug auf die Menge — sind die brennbaren Gase Wasserstoff (H2), Koh — lenstoffmonoxid (CO), Methan (CH4) und die nicht brennbaren Inertgase wie Wasserdampf (H2O), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Stickstoff (N2). Wesentliche EinflussgroBen auf die Zusammensetzung und Eigenschaften dieser Hauptkompo — nenten des Produktgases werden in der Folge kurz diskutiert.
Vergasungsmittel. Vergasungsmittel werden hinsichtlich ihres Gehaltes an Stickstoff in stickstoffhaltig (Luft) und stickstofffrei (Sauerstoff, Dampf) eingeteilt. Deshalb ergeben sich bei der Vergasung mit Luft Stickstoffgehalte im Produktgas zwischen 42 und 60 Vol.-%; dies bedingt zwingend eine meist unerwunschte Ver — dunnung des Produktgases mit der damit verbundenen deutlichen Reduktion des Heizwertes. Das kann nur vermieden werden, indem stickstofffreie Vergasungsmit — tel (z. B. Sauerstoff, Dampf, Sauerstoff-Dampf-Gemisch) verwendet werden.
Tabelle 11.2 zeigt typische Bereiche der Produktgaszusammensetzung (trockenes Gas, Normzustand) bei der Holzvergasung mit unterschiedlichen Vergasungs — mitteln. Sie wurden errechnet, indem aus publizierten Daten die Maximal — und Minimalwerte genommen und aus der Gesamtzahl der Datensatze jeweils der Mit — telwert bestimmt wurde. Extreme Einzelwerte wurden nicht berucksichtigt.
Der Heizwert des Produktgases setzt sich aus den Heizwertanteilen der einzel — nen Gaskomponenten zusammen. Dabei hat Methan (CH4, ca. 35,9 MJ/m3) einen deutlich hoheren Heizwert als Kohlenstoffmonoxid (CO, ca. 12,6 MJ/m3) und Wasserstoff (H2, ca. 10,8 MJ/m3). Folglich entsteht bei der Vergasung von Bio — masse und der Verwendung von Luft als Vergasungsmittel ein an Stickstoff (N2) und Kohlenstoffmonoxid (CO) reiches Gas mit einem Heizwert zwischen 3,0 und
6,5 MJ/m3 (Tabelle 11.2). Wegen dieses niedrigen Heizwertes wird ein derartiges Gas auch als Schwachgas (Heizwert unter 8,5 MJ/m3) oder LCV — (Low Calorific Value) Gas bezeichnet.
Durch die Verwendung von Sauerstoff bzw. mit Sauerstoff angereicherter Luft als Vergasungsmittel oder durch den Einsatz z. B. eines allothermen Vergasers, der Wasserdampf als Oxidationsmittel nutzt, kann dagegen ein wasserstoffreiches,
Tabelle 11.2 Bereiche typischer Zusammensetzungen des trockenen Produktgases am Beispiel der atmospharischen Vergasung von Holz mit Luft bzw. Dampf/Sauerstoff (O2) (Mittelwerte in Klammern, Angaben bezogen auf trockenes Gas und Normzustand, /11-46/, /11-63/)
Gas-Parameter |
Lufta |
Dampf/O2b |
|
H2 |
in Vol.-% |
6,0 — 19 (12,5) |
26 — 55 (38,1) |
CO |
in Vol.-% |
9,0 — 21 (16,3) |
20 — 40 (28,1) |
CO2 |
in Vol.-% |
11 — 19 (13,5) |
15 — 30 (21,2) |
CH4 |
in Vol.-% |
3,0 — 7,0 (4,4) |
4,0 — 14 (8,6) |
C2+c |
in Vol.-% |
0,5 — 2,0 (1,2) |
1,5 — 5,5 (3,0) |
n2 |
in Vol.-% |
42 — 60 (52) |
0 |
Heizwert |
in MJ/m3 |
3,0 — 6,5 (5,1) |
12 — 16 (13,2) |
Gasausbeute |
in m3/kg |
1,7 — 2,2 (1,9) |
1,2 — 1,4 (1,3) |
a Anzahl ausgewerteter Datensatze: 15; b Anzahl ausgewerteter Datensatze: 9; c Kurzzeichen fur alle C2HJ[-Kohlenwasserstoffverbindungen |
stickstofffreies bzw. stickstoffarmes , mittelkaloriges Gas mit einem Heizwert von 10 bis 16 MJ/m3 gewonnen werden.
Tabelle 11.2 zeigt auch Bereiche typischer Gasausbeuten. Auch hier ist primar der Stickstoffgehalt der Luft bzw. des Produktgases fur die hohere Gasausbeute bei der Luftvergasung verantwortlich.
Vergaserbauart. Auch die Vergaserbauart beeinflusst die Gaszusammensetzung. Deshalb zeigt Tabelle 11.3 typische Gehalte der Hauptgaskomponenten im Pro — duktgas aus verschiedenen Vergasertypen bei Vergasung von trockenem Holz (Wassergehalt 10-15 %). Dargestellt sind exemplarisch die Gaszusammensetzung und der Heizwert von zwei Festbettvergasern (d. h. Gleichstromvergaser, Gegen — stromvergaser) und einem Vergaser mit einer zirkulierenden Wirbelschicht. Die Gaszusammensetzungen weisen demnach keine nennenswerten Unterschiede auf.
Ublicherweise werden bei Gleichstrom — und bei Wirbelschichtvergasern ge — trocknete Biobrennstoffe mit 10 bis 15 % Wassergehalt eingesetzt. Ein hoherer Wassergehalt fuhrt zu einem Anstieg der Kohlenstoffdioxid — und Wasserdampfge — halte bzw. zu einer Verminderung des Heizwertes und des Vergaserwirkungs — grades.
Tabelle 11.3 Zusammensetzung und Heizwerte von Produktgasen aus der atmospharischen Vergasung von trockenem Holz (Wassergehalt 10-15 %) mit Luft (Angaben mit Bezug auf trockenes Gas und Normzustand, Heizwert berechnet aus den Heizwerten von Wasserstoff, Kohlenstoffmonoxid und Methan, /11-52/)
Gas-Parameter |
Festbett Gegenstrom Gleichstrom |
Zirkulierende Wirbelschicht |
||
H2 |
in Vol.-% |
10 — 14 |
15 — 21 |
15 — 22 |
CO |
in Vol.-% |
15 — 20 |
10 — 22 |
13 — 15 |
CO2 |
in Vol.-% |
8 — 10 |
11 — 13 |
13 — 15 |
CH4 |
in Vol.-% |
2 — 3 |
1 — 5 |
2 — 4 |
Heizwert |
in MJ/m3 |
3,7 — 5,1 |
4,0 — 5,6 |
3,6 — 5,9 |
Tabelle 11.4 Zusammensetzung und Heizwerte von Produktgasen fur ausgewahlte typi — sche Vergasungsverfahren (Angaben mit Bezug auf trockenes Gas und Normzustand, in Anlehnung an /11-67/)
|
Vergleicht man typische Produktgaszusammensetzungen aus unterschiedlichen Vergasungsverfahren mit zusatzlich unterschiedlichen Vergasungsmitteln z. B. einer Luftvergasung (Festbett oder Wirbelschicht) fur Gasmotoranwendungen, eine allotherme Wirbelschichtdampfvergasung fur die Herstellung von Bio-SNG (Biomethan, Synthetic Natural Gas), eine Hochtemperatur-Flugstromvergasung fur die Fischer-Tropsch-Synthese), sieht man jedoch deutliche charakteristische Un- terschiede (Tabelle 11.4).
Erkennbar ist zunachst der geringe Stickstoffgehalt bei der Sauerstoff bzw. Dampf-Vergasung aufgrund der unterschiedlichen Vergasungsmittel (siehe auch Tabelle 11.2). Bei Verwendung von Dampf als Vergasungsmittel ergibt sich ein hoherer Wasserstoffgehalt; dies wird beispielsweise bei der Zweibettwirbelschicht — Dampfvergasung deutlich. Hier erhalt man auch die hochsten Methangehalte; des — halb ist dieses Verfahren fur die Herstellung von synthetischem Erdgas (Bio-SNG, Biomethan) pradestiniert. Demgegenuber zeichnet sich die Hochtemperatur-Sauer — stoff-Flugstromvergasung durch geringere Methangehalte aus; sie eignet sich daher gut fur die Herstellung von flussigen synthetischen Kraftstoffen.
Temperatur. Die Temperatur spielt bei allen chemischen Reaktionen eine wesent — liche Rolle; neben dem chemischen Gleichgewicht ist insbesondere die Reaktions — geschwindigkeit temperaturabhangig. Dies bedeutet fur einen bestimmten Verga — sungsreaktor, dass mit einem zunehmend hoheren Temperaturniveau die Reaktio — nen naher an den Gleichgewichtszustand herankommen konnen, da mit steigender Temperatur die Reaktionsgeschwindigkeit ansteigt. Abb. 11.10 zeigt deshalb die Veranderung der Zusammensetzung der wichtigsten Gaskomponenten im Bereich von 700 bis 900 °C am Beispiel der allothermen Dampfwirbelschichtvergasung. Demnach nimmt mit steigender Temperatur der Wasserstoffgehalt deutlich zu und der Kohlenstoffmonoxid — bzw. der Methangehalt nehmen ab (siehe auch Kapitel 9.2). Der Gehalt an Kohlenstoffdioxid zeigt dagegen keine ausgepragte Tendenz.
Bei der Flugstromvergasung konnen sehr hohe Temperaturen bis uber 1 200 °C realisiert werden; im Unterschied dazu liegen bei der Wirbelschichtvergasung die Vergasungstemperaturen typischerweise zwischen 850 und 950 °C. Bei derart hohen Temperaturen laufen die Vergasungsreaktionen deutlich schneller ab, so
Vergasungstemperatur |
Abb. 11.10 Abhangigkeit der Gaszusammensetzung bei der Vergasung von Hackgut (12 % Wassergehalt) mit Dampf am Beispiel eines Zweibett-Dampfwirbelschicht-Vergasers mit einer thermischen Leistung von 100 kW (Angaben mit Bezug auf trockenes Gas) /11-64/ dass beispielsweise Methan (CH4) und Teere praktisch vollstandig in Kohlen — stoffmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2) umgewandelt werden.
Druck. Die Erhohung des Drucks im Vergasungsreaktor bewirkt auch eine Ver- schiebung der Reaktionsgleichgewichte, die bei bestimmten Reaktionen (Glei- chungen (9-14), (9-15), (9-16) und (9-18) in Kapitel 9.2.2.3 druckabhangig sind. Eine Druckerhohung lasst demnach hohere CO2- und CH4-Gehalte bzw. vermin — derte H2- und CO-Anteile im Produktgas erwarten. Je nach dem, wie weit sich die Reaktion an den jeweiligen Gleichgewichtszustand annahern kann (dies wird u. a. von den jeweiligen Randbedingungen im Reaktor beeinflusst), kann diese Veran — derung mehr oder weniger stark ausfallen. Diese Zusammenhange lassen sich auch aus den in Tabelle 11.5 dargestellten Gaszusammensetzungen bei atmospharischer und druckaufgeladener Vergasung von Hackgut ablesen.
Tabelle 11.5 Bereiche typischer Produktgaszusammensetzungen (Angaben mit Bezug auf trockenes Gas und Normzustand) in Abhangigkeit des Drucks bei der Vergasung von Holz mit Luft (Werte in Klammer geben den Mittelwert der ausgewerteten Datensatze an, Werte der druckaufgeladenen Vergasung stammen aus einer bei unterschiedlichen Drucken (5 bis 20 bar) betriebenen Wirbelschichtanlage) /11-63/
Gas-Parameter |
Atmospharische Vergasunga |
Druckaufgeladene Vergasungb |
|
H2 |
in Vol.-% |
6 — 19 (12,5) |
4 — 15 (8,8) |
CO |
in Vol.-% |
9 — 21 (16,3) |
10 — 19 (14,8) |
CO2 |
in Vol.-% |
11 — 19 (13,5) |
14 — 19 (16,8) |
CH4 |
in Vol.-% |
3 -7 (4,4) |
5 — 9 (6,7) |
N2 |
in Vol.-% |
45 — 60 (52) |
45 — 60 (53) |
Heizwert |
in MJ/m3 |
3,0 — 6,5 (5,1) |
3,5 — 6,5 |
a Anzahl ausgewerteter Datensatze: 15; b Anzahl ausgewerteter Datensatze: 5 |
Der Betriebsdruck, mit dem der Vergaser betrieben wird, ist jedoch — neben den genannten Auswirkungen auf die Gaszusammensetzung — vor allem fur die Aus — wahl der Gasnutzungstechniken bzw. deren Druckniveau von Relevanz. Bei- spielsweise ist fur eine motorische Gasnutzung die Vergasung unter Atmospharen- druck zu favorisieren, wahrend fur einen Gasturbinenprozess oder die Kombinati- on mit (Hochdruck-)Synthesen eine Druckvergasung von Vorteil sein kann (Kapi- tel 11.3.2.2 und Kapitel 11.3.3).
Biomasseart. Auch die Biomasseart beeinflusst die Gaszusammensetzung. Bei der Quantifizierung dieses Einflusses ist aber zu beachten, dass die aus dem biogenen Festbrennstoff resultierenden Einflusse auf die Gaszusammensetzung meist durch die technische Schwierigkeit, bei den Vergasungsversuchen alle anderen Parameter konstant zu halten (z. B. Vergasungstemperatur), etwas verzerrt werden. Jedoch weisen die Hauptkomponenten keine allzu groBen Unterschiede in Abhangigkeit der Biomasseart auf. Hier macht sich der Einfluss anderer Parameter — z. B. Ver — gasungsmittel oder Vergasungstemperatur — deutlich starker bemerkbar /11 -46/, /11-63/, /11-147/. Die Biomasseart beeinflusst jedoch stark die Verunreinigungen im Gas — insbesondere mit Bezug auf Schwefel-, Stickstoff — oder Halogenverbin — dungen.