Moglichkeiten der ATP-Erzeugung
Die Zelle nutzt fur die Kopplung von energieerzeugenden und -verbrauchenden Prozessen Adenosintriphosphat (ATP) als Tragermolekul; es ist quasi die "Ener — giewahrung der Zelle". Hier wird die Energie in Form einer energiereichen Phosphorsaureanhydrid-Bindung bei der Bildung von ATP aus Adenosindiphos — phat (ADP) und Phosphat (Pi) gespeichert. Energieverbrauchende Prozesse der Zelle beziehen ihre Energie aus der hydrolytischen Spaltung von ATP in ADP und Pi. Zur Bildung von ATP stehen der Zelle zwei grundlegende Mechanismen zur Verfugung, die Substrat-Ketten-Phosphorylierung (SKP) und die Elektronen- Transport-Phosphorylierung (ETP).
Substrat-Ketten-Phosphorylierung. Im Verlauf des Energiestoffwechsels wer — den durch Abbauprozesse von organischen Verbindungen (Zucker) diese schritt — weise oxidiert. Dies ist gleichzeitig mit Reduktionsreaktionen gekoppelt; deshalb werden diese Reaktionen auch als Redox-Reaktionen bezeichnet. Bei der Substrat- Ketten-Phosphorylierung wird eine Phosphorylgruppe von einem phosphorylierten Zwischenprodukt des Stoffabbaus auf ADP ubertragen und somit ATP gebildet. Dies geht meist einher mit der Oxidation einer Carbonyl-Verbindung zu einer Car- boxyl-Verbindung. Dies ist eine stark exergone Reaktion und mit der Reduktion von NAD+ zu NADH/H+ gekoppelt. Energiereiche Zwischenprodukte sind haufig Phosphorsaure-Anhydride oder Phosphorsaure-Enolester, die wahrend des Abbaus von Glucose in der Glycolyse gebildet werden. Die fur die Substrat-Ketten-
Phosphorylierung notwendigen Enzyme sind in der Regel im Cytoplasma lokali — siert. Bei garenden Organismen ist dies die einzige Form der Energiegewinnung, da die Substrate nicht komplett oxidiert werden und Energie in Form energierei — cher Zwischenverbindungen erhalten bleibt. Im Rahmen der anaeroben Vergarung von Glucose zu Lactat (homofermentative Milchsauregarung) kann die Zelle aus einem Mol Glucose maximal 2,5 Mol ATP gewinnen; dies entspricht einem Ener — giebetrag von etwa 200 kJ/mol Glucose (zum Vergleich: bei kompletter aerober Umsetzung von Glucose werden maximal 38 Mol ATP pro Mol Glucose gebildet, was einem Energiebetrag von 2 870 kJ/mol Glucose entspricht). Dadurch steht Organismen wahrend der aeroben Atmung wesentlich mehr Energie zur Verfugung und sie haben wesentlich schnellere Wachstumsraten als garende Organismen. Der hohere Energiegewinn wahrend der Zellatmung kommt durch ATP-Bildung uber Elektronen-Transport-Phosphorylierung zustande.
Elektronen-Transport-Phosphorylierung. Der initiale Abbau von Glucose wahrend Atmung und Garung erfolgt uber die Glycolyse bis hin zum Pyruvat (Anion der Brenztraubensaure). Ab hier unterscheiden sich Garung und Atmung grundle — gend. Pyruvat ist somit das zentrale Molekul des Stoffwechsels, der nun verschie — dene Richtungen nehmen kann. Wahrend der Garung erfolgen nur noch wenige re — duktive Umsetzungen des Pyruvats (z. B. zu Ethanol oder Milchsaure), um Reduk — tionsaquivalente, auf die im Verlauf der Glycolyse Elektronen ubertragen wurden, zu regenerieren. Ohne diese Regeneration wurde der Stoffwechsel binnen kurzer Zeit komplett zum Erliegen kommen.
Beim weiteren Abbau des Pyruvats wahrend der Atmung wird dieses im nachs — ten zentralen Stoffwechselweg, dem Citratzyklus, komplett zu Kohlenstoffdioxid (CO2) oxidiert. Die Elektronen werden dabei uber Reduktionsaquivalente (NADH oder Ubiquinone) und durch die Atmungskette auf einen terminalen Elektronenak- zeptor (im Falle der aeroben Atmung: Sauerstoff) ubertragen. Diese Transportpro — zesse, welche durch verschiedene membrangebundene Enzymsysteme der At — mungskette erfolgen, bewirken einen Transport von Protonen aus der Zelle und somit den Aufbau eines elektrochemischen Gradienten AH+ ([H+]auBen > [Hlinnen). Die Zelle ist quasi wie ein Kondensator aufgeladen und das Membranpotenzial kann bis zu 100 mV betragen. Dieses Protonenpotenzial uber der Membran wird auch als protonenmotorische Kraft bezeichnet.
Durch ein in der Membran eingelagertes Protein, die ATPase, die wie ein kleiner Motor funktioniert, stromen die Protonen nun wieder von auBen nach innen in die Zelle zuruck. Die ATPase besteht aus einem membranintegrierten F0-Teil und einem cytoplasmatisch gelegenen Fj-Kopfteil (FjF0-ATPase), durch den Protonen in die Zelle stromen. Der Fluss von Protonen treibt diesen winzigen biologischen Motor an. Dabei fuhrt die Rotation des cytoplasmatischen Fj-Teils zur Bildung von ATP aus ADP und Pi. Zur Bildung eines Mols ATP ist der Einfluss von drei Mol Protonen notig. Das Redoxpotenzial der Atmung ist davon abhangig, welche Stoffe als Elektronendonatoren und welche als terminale Elektronenakzeptoren dienen.