Reaktoren mit ablativer Wirkung
Ablation bedeutet die Entfernung eines Materials durch Hitzeeinwirkung; in der Meterologie spricht man von der Ablation der Gletscher und in der Medizintech — nik von Laserablation zum Entfernen von Krebsgewebe. Ubertragen auf die Pyro- lysetechnologie bedeutet dies, dass Biomassepartikel durch direkten Kontakt mit einer heiBen Reaktoroberflache pyrolytisch zersetzt werden (vgl. Abb. 12.2c, Abb. 12.2d, Abb. 12.2e). Dabei werden die Holzpartikel an ihrer Kontaktflache durch die eingebrachte thermische Energie — und mit Hilfe des Anpressdruckes — regel — recht zum Schmelzen und Verdampfen gebracht. Damit spielt bei der ablativen
Pyrolyse — im Gegensatz zur Wirbelschichttechnik — die PartikelgroBe keine we — sentliche Rolle. Es lassen sich sogar Hackschnitzel einsetzen, da aufgrund der schlechten thermischen Leitfahigkeit der Biomasse der ubrige Teil des Partikels thermisch kaum belastet wird.
Die Wirkung der Ablation kann intensiviert werden, indem zusatzlich Andruck — und Bewegungskrafte erzeugt werden. Andruckkrafte konnen z. B. mechanisch oder durch Zentrifugalkrafte aufgebaut werden, wahrend die Bewegungskrafte ent- weder mechanisch oder hydrodynamisch erzeugt werden.
Dieses Prinzip kann auf unterschiedliche Weise umgesetzt werden. Im Folgen — den werden die wichtigsten technischen Losungsansatze dargestellt, die in den letzten Jahren entwickelt und erprobt wurden. Dabei handelt es sich um die Um — setzung mit Hilfe einer rotierenden Scheibe (vgl. Abb. 12.2c), eines rotierenden Konus (vgl. Abb. 12.2d) und eines horizontalen Zylinder mit tangential eingebla — senen Partikeln (vgl. Abb. 12.2e).
Reaktor mit heifier Scheibe. Bei dem dargestellten Labor-Rotorreaktor (vgl. Abb. 12.2c) fallen die Biomassepartikel durch einen Schacht auf eine heiBe rotie — rende Scheibe und werden mit Hilfe schrag angebrachter Rotorblatter auf die sich bewegende Scheibe gedruckt. Dabei kommt es an der Grenzflache zwischen der heiBen Scheibe und der Biomasse zunachst zur Ausbildung eines flussigen Filmes (ahnlich wie beim Schlittschuhlaufen zwischen der Kufe und dem Eis), der sich sofort aufgrund der bestehenden Hitze pyrolytisch zersetzt. Die Besonderheit des Verfahrens liegt darin, dass kein Transportgas zur Entfernung der fluchtigen Pyro — lyseprodukte notwendig ist, weil die entstehenden Produktgase diese Aufgabe ubernehmen.
Bei einer technischen Umsetzung der ablativen Pyrolyse mit einer heiBen rotie — rende Scheibe steht die Scheibe vertikal und die Biomasse wird mit einigen hyd — raulisch betriebenen Kolben mit Drucken im Bereich von 30 bar gegen die Scheibe gepresst (Abb. 12.3) /12-63/, /12-83. Diese zunachst im Labor entwickelte BTO- Technologie (Biomass-to-Oil) wurde in eine 6 t/d Anlage in den PilotmaBstab uberfuhrt, die Hackschnitzel in Biool umsetzt, das in einem modifizierten Diesel-
Pyrolysebetrieb
Abb. 12.3 Pyrolytische Zersetzung mittels heiBer rotierender Scheibe (links: Grundprinzip, rechts: mogliche technische Ausfuhrung) /12-70/, /12-72/
—— Biomasse ————- Pyrolysekoks ————— Abgas —— Bio-Ol —————— Gas |
Abb. 12.4 Aufbau des BTO-Prozesses /12-72/ motors eines BHKW zur Strom — und Warmeerzeugung eingesetzt werden soil /12-61/. Das Anlagenschema einer kommerziellen BTO-Anlage zeigt Abb. 12.4.
Reaktor mit Konus. Die fur die pyrolytische Zersetzung der organischen Stoffe benotigte Warmeenergie kann auch durch einen rotierenden Konusreaktor auf die Biomasse ubertragen werden (vgl. Abb. 12.2d) /12-75/, /12-88/, /12-44/. Diese Technologie wurde im LabormaBstab zu Beginn der 1990er Jahre entwickelt. Das Reaktorsystem selbst besteht hier aus einem inneren, rotierenden und geheizten Konus, der durch einen Motor angetrieben wird, und einem auBeren, stationaren Konus (Abb. 12.5). Die zerkleinerten organischen Feststoffe (z. B. Sagemehl) werden — zusammen mit aufgeheiztem Sand, durch den ein Teil der benotigten Prozessenergie in den Reaktor eingebracht wird — uber eine Rohre in das untere Ende des inneren, rotierenden Konus eingetragen. Durch die dort auf die Biomas — separtikel wirkenden Zentrifugalkrafte werden sie an die heiBe Innenwand des Reaktors angedruckt und kriechen — infolge der T atsache, dass sich der Konus in Rotation befindet — aufgrund der Wandneigung aufwarts. Dabei werden sie an der heiBen Oberflache auf dem Weg zum oberen Rand thermisch zersetzt. Der danach zuruckbleibende Pyrolysekoks verlasst dann den Reaktor uber den Rand. Die ent — standenen gasformigen Pyrolyseprodukte verlassen die heiBe Oberflache und wer — den abgezogen; aus ihnen konnen dann — wie bei den anderen Verfahren auch — in einer entsprechenden Kuhleinrichtung die unter Standardbedingungen flussigen Bestandteile (d. h. das Pyrolyseol) abgetrennt werden. Das danach verbleibende Gas kann auch hier der Deckung der Prozessenergienachfrage dienen. Sand und Pyrolysekoks werden ausgeschleust, der Koks verbrannt, und mit der dadurch
Geblase Abb. 12.5 Verfahrensschema fur eine Pyrolyseanlage mit Konusreaktor |
gewonnenen Warme wird der Sand aufgeheizt. Dieser wird in einen Vorratsbe — halter geleitet und dann wieder dem Prozess zugefuhrt.
Die technische Umsetzung des Verfahrens wird in einer 6 t/d Pilotanlage und in einer Demonstrationsanlage (50 t/d) realisiert. Bei letzterer Anlage werden aus — schlieBlich die leeren Fruchtstande der Olpalmen pyrolysiert und das Bio-Ol in einem Brenner zur Warmegewinnung verbrannt /12-87/.