Weitere Garungstypen
Neben der alkoholischen Garung findet sich in Mikroorganismen noch eine Viel — zahl weiterer Garungstypen. Meist entsteht jedoch im Gegensatz zur alkoholischen Garung, wo fast ausschlieBlich Ethanol und Kohlenstoffdioxid gebildet werden, eine Vielzahl an Produkten gleichzeitig (Abb. 14.3). Die Benennung des Garungs — typs erfolgt meist nach dem gebildeten Hauptprodukt. Deshalb werden nachfol — gend die wichtigsten Garungen sowie einige der daran beteiligten Mikroorganis — men vorgestellt. Ihnen allen ist gemein, dass Zucker in der Regel uber den Haupt — stoffwechselweg bis zum Pyruvat abgebaut wird. Von dort an unterscheiden sie sich dann. Je nach Garungstyp sind dabei unterschiedliche Enzyme an der weiteren Verstoffwechselung beteiligt.
Milchsauregarung. Die Milchsauregarung wird z. B. von Gram-positiven Milch — saurebakterien durchgefuhrt. Sie spielen als Starterkulturen bei der Herstellung von Milchprodukten eine groBe Rolle. Zudem bewirkt die Ansauerung des Mediums durch die gebildete Milchsaure gleichzeitig eine Konservierung der Lebens- mittel. Es treten zwei Reaktionstypen auf.
Bei der homofermentativen Milchsauregarung wird Glucose komplett zu Laktat (Salz der Milchsaure) umgesetzt, wobei 2 Mol ATP pro Mol Glucose gebildet werden (Gleichung (14-3)).
Glucose ^ 2 Laktat — + 2 H+ (14-3)
Bei der heterofermentativen Milchsauregarung hingegen entstehen neben Laktat zusatzlich Ethanol und CO2 (Gleichung (14-4)).
Glucose ^ Laktat — + H+ + Ethanol + CO2 (14-4)
Gemischte Sauregarung. Bei der gemischten Sauregarung, die von Enterobakte — rien in Abwesenheit von Sauerstoff betrieben wird, entstehen aus Glucose gleich — zeitig mehrere verschiedene organische Sauren wie Formiat (Ameisensaure), Suc — cinat (Bernsteinsaure), Laktat (Milchsaure) und Acetat (Essigsaure) sowie Ethanol, Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff. Im Verlauf der Garung konnen bei der Bil — dung von Acetat sowie Succinat zusatzliche ATP generiert werden. Das ATP, welches wahrend der Reduktion von Fumarat zu Succinat (Fumarat-Reduktase) gebil — det wird, wird im Gegensatz zur Substrat-Ketten-Phosphorylierung uber die Elekt- ronen-Transport-Phosphorylierung gewonnen (Fumarat-Atmung), da Enterobakte- rien fakultative Anaerobier sind und uber eine Atmungskette verfugen.
Essigsaure/Buttersaure-Garung. Ein weiterer Typ der Sauregarung ist die Essig- saure/Buttersaure-Garung, die von saccharolytischen Clostridien betrieben wird. Diese setzen Glucose zu Butyrat, Acetat, Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff um. Bei niedrigen Wasserstoffkonzentrationen wird fast ausschlieBlich Acetat, Kohlen — stoffdioxid und Wasserstoff gebildet. Die maximale Energieausbeute fur den Or — ganismus betragt hierbei 4 Mol ATP pro Mol Glucose.
Butandiol — und Aceton/Butanol-Garung. Von industrieller Bedeutung ist die Produktion von Losungsmitteln durch garende Bakterien. Hier werden zwei Ga — rungstypen diskutiert.
Clostridien bilden im Zuge der Aceton/Butanol-Garung organische Losungsmit — tel als Hauptgarungsprodukte. Nebenprodukte der Vergarung von Glucose sind in geringeren Mengen Acetat, Butyrat, Ethanol, Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff.
Bei der Butandiol-Garung, die beispielsweise von Enterobacter und Klebsiella betrieben wird, werden neben Butandiol als Hauptgarungsprodukt in geringen Mengen Laktat, Acetat und Formiat sowie Ethanol, Kohlenstoffdioxid und Was — serstoff gebildet.
Die Toxizitat der bei den meisten Saure — und Losungsmittelgarungen entstehen — den Produkte auf die Organismen begrenzt jedoch die Einsatzmoglichkeiten der Fermentation zur Gewinnung dieser Stoffe.
Wasserstoffproduktion wahrend der Garung. Bei der mikrobiellen Fermentation durch Anaerobier konnen unterschiedlichste organische Substrate und somit auch Abfallprodukte genutzt werden, die zu Sauren, Alkoholen u. a. fermentiert werden. Wasserstoff ist hierbei haufig ein Nebenprodukt und kein Garungsprodukt im klassischen Sinne. Da die Fermentation von organischen Substraten zu Wasserstoff in der Regel durch mikrobielle Gemeinschaften erfolgt, durfen keine acetoge — nen oder methanogenen Organismen enthalten sein, da diese den entstehenden Wasserstoff direkt als Substrat weiterverwerten konnen.
Die theoretisch maximale Ausbeute liegt bei strikt anaeroben Bakterien bei 4 Mol Wasserstoff pro Mol Glucose, bei fakultativ anaeroben bei 2 Mol Wasserstoff pro Mol Glucose. Die praktischen Ausbeuten liegen in der Regel jedoch haufig darunter. Zudem entsteht bei den meisten Garungen CO2 als zweites Gas, welches anschlieBend entfernt werden muss. Aus thermodynamischen Grunden ist die Wasserstoffproduktion bei hohen Temperaturen gunstiger; deswegen wird haufig versucht, thermophile Organismen hierfur einzusetzen. Nachteil hierbei sind die in der Regel geringen Wachstumsraten thermophiler Organismen verglichen mit me — sophilen.